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Kai Degenhardt

Weiter draußen

18 Stücke, zehn ausgewachsene und 8 Miniaturen, die zusammen mehr darstellen als eine Ansammlung von Liedern auf einem Speichermedium.
Art.Nr.: PLB-00004
Weiter draußen
Label: Plattenbau
1 Woche
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Jedenfalls sind die Stücke auf gewisse Art miteinander verschraubt und verflochten, so dass z.B. spätere Tracks einzelne Elemente, Bilder und Motive, musikalische wie lyrische, aus vorhergehenden wieder aufnehmen oder von anderer Seite beleuchten, so dass das Album als Ganzes wirkt wie ein aus diversen Einzelszenen montiertes Gesellschaftspanorama. Die wie Bindemittel dabei eingesetzten Miniaturen werfen Streiflichter, zumeist auf die sozialen Zonen der Ausgrenzung, die Lebensbedingungen der auf verschiedene Art und Weise hier und heute Abgehängten. Wobei die prekären Ausschnitte ja nicht etwa Entgleisungen darstellen, sondern vielmehr wesentliche Bestandteile einer Herrschaftsform sind, die auf der Errichtung einer zum allgemeinen Dauerzustand gewordenen Unsicherheit fußt. Dass hierzu längst auch die angehenden jungen Akademiker zählen, besingt er in der Weißmacherballade 2”. Textlich eine Bezugnahme auf die “Ballade von den Weißmachern und was mit ihnen geschehen muss” von Franz Josef Degenhardt anno 1968. Rockmusikalisch irgendwo zwischen Ton Steine Scherben, Tokio Hotel und Tocotronic.

Die kalte und geschäftsmäßig-rassistische Brutalität, die bei der Verteidigung der noch gepolsterten Gewinnergegenden gegen die Bewohner der Elendszonen exekutiert wird, beschreibt er in “Die Tötung”, der Geschichte eines afrikanischen Einwanderers, der “den Fahrstuhl ins Ghetto” nimmt und kurz darauf, bei seiner Abschiebung, zu Tode kommt. Ein Topical Song im Stile von Dylans “The Lonesome Death of Hattie Carroll”, wenn auch hier kein realer Fall im dokumentarischen Sinne zugrunde liegt. Musik: Off-Beat-A-Gitarre zu Djembe und akustischem Regaae-Bass. Wie das Elend überwunden und eine gerechtere Gesellschaft aufgebaut werden kann, dazu findet sich auf der Platte zwar nur mittelbar, dafür aber kenntlich, ein Vorschlag, nämlich in der Revolutionsmoritat zur E-Gitarre solo mit dem Titel “1476”. Die hat Leben und Wirken des Hans Böhm aus Niklashausen, auch Pfeiferhänslein genannt, zum Thema, der An- und Wortführer einer der frühen antifeudalen Erhebungen war, die vor etwa 500 Jahren dem großen Bauernkrieg vorhergingen.

Der Titelsong “Weiter draußen” dagegen ist eher ein Selbstportrait zu geloopten, funky Gitarrenlicks und rudimentären Bass- und Drum-Figuren. Wobei natürlich – frei nach Aristoteles Poetik, sag ich mal – es nicht Aufgabe des Dichters ist, mitzuteilen, was real geschieht, sondern vielmehr, was nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit geschehen könnte. In diesem Sinne ist übrigens auch der Text der 8-minütigen Talking-Blues-Ballade “Platzverweis” zu verstehen. Ein folkrock-musikalisches Road-Movie in kleiner Straßen-Combo-Besetzung.

Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts haben sich beträchtliche Teile der alten Wider-standskräfte und der kulturellen Opposition aus dem Geist von 1968 in die neoliberale Kapitalismus-Restauration eingeschrieben. Durch die dabei erforderlichen enormen Anpas-sungsanstrengungen hat sich bei vielen ein mächtiger innerer Druck angestaut. Im 13-minütigen Schluss-Song “Möge die Macht” bricht sich dieser stellvertretend Bahn. Es ist ein klassisches Rollenlied, der weihnachtsabendliche Rundumschlag eines Besserwissers und verdieners aus dem ökolibertären Überbau. Musik: Drum-Loop zur La-Bamba-Kadenz, Akustik-Bass, Darabouka und in den Refrains jeweils eine Reminiszenz an 40 Jahre Post-68-Gitarrenrock.”

Titel

01. Wege zum Glück
02. Weiter draußen
03. Bankdrücker
04. Die Tötung
05. Die kleine Waschfrau
06. 1476
07. Die Tränen des Moderators
08. Weißmacherballade ’2
09. Fordistischer Arbeiter
10. Hinterland
11. Strandbar revisited
12. Wir gehen rein
13. Fallmanagers Lamento
14. Platzverweis
15. Leben 2.0
16. Aus dem Moor
17. Freizeitpark
18. Möge die Macht

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